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Christival 2022

Evangelikale Agitation und Mission in Reinkultur.

In Erfurt fand vom 25. bis 29. Mai das Christival statt. Etliche Medien, ntv, der MDR oder der Stern berichten über dieses „Treffen von jungen Christen“ aus dem deutschsprachigen Raum. 13 000 Teilnehmer*innen sollen es gewesen sein. Der gleichzeitig stattfindende Kirchentag der Katholiken schafft gerade mal die doppelte Zahl von Teilnehmer*innen.

In der öffentlichen Wahrnehmung wird von guter Laune, einem spannenden Programm, Diskussion über Bibel und Glaube berichtet. Allerdings wird völlig übersehen, dass dieses Christival, wie auch die bisher 6 durchgeführten ein Treffen der Hardcore Evangelikalen ist. Wer die Liste der Unterstützer*innen durchgeht, wird auf das how is how der Evangelikalen stoßen. Die Evangelische Allianz (Homosexualität ist Sünde) die evangelikalen Freikirchen, Baptisten und Pfingstler sind dabei, die Evangelikalen vom CVJM und nicht zu vergessen, Roland Werner, der beim Bremer Christival 2008 eine Arbeitsgruppe zur Heilung von Homosexualität angeboten hat, gehört zum Kuratorium. Kurzum, die christliche Elite der „Frauen gehören an den Herd“ Prediger, Fans des absoluten Abtreibungsverbots, Sex vor der Ehe und Homosexualität ist Sünde Verkündern und der begeisterten Anhänger*innen autoritärer Regierungsformen trafen sich in Erfurt.

Die mediale Berichterstattung spart die evangelikalen Hintergründe völlig aus. Eine Ursachen ist sicherlich, dass viele Redakteur*innen fromme Freikirchler*innen und deren evangelikalen Hintergrund nicht zusammen denken, da das gesellschaftliche Wissen zu Religionen unterbelichtet ist und sich weitgehend auf die Selbstdarstellung der Religionsgemeinschaften und Kirchen verlässt und entsprechend unhinterfragt dargestellt wird.

Der zweite Grund für die fehlende Beurteilung des Christival als evangelikalem Meeting dürfte sicherlich auch darin liegen, dass die Veranstalter*innen sehr geschickt ein Kuratorium für diese Veranstaltung zusammengestellt haben, dass mit vermeintlich „liberalen“ prominenten Aushängeschildern geschmückt ist.

Angeführt wird das Kuratorium von ex. Bundestagspräsident Schäuble und weiteren drei CDU Politiker*innen. Mit dabei auch der Landesbischof der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, die aktuellen Vorsitzende der ev. Bischofskonferenz Annette Kurschus, ihr Vorgänger Bedford Strom und die Präsis der EKD Nicole Heinrich. Letztere empfahl in einem Interview mit dem evangelikalen Zentralorgan IDEA, die evangelische Kirche möge doch vom Christival lernen. Und wenn die Christival Betreiber*innen sehr geschickt den evangelischen Landesbischof Kramer mit seinen Worten in die Pressemitteilungen einbauen und dies anschließend über dpa verbreitet wird, ist schon der Eindruck eines „Jugendtreffens“ aus den Reihen der Evangelischen Kirche entstanden.

Auch der SPD Bürgermeister von Erfurt gehört dem Kuratorium an, wohl eher aus patriotischen gründen, um seine „Kleinstadt“ zu medialer Bedeutung zu verhelfen.

Von den 30 Mitgliedern des Kuratoriums sind 18 ausgewiesene Evangelikale und weitere, die dem konservativen Spektrum innerhalb der evangelischen Kirche zuzurechnen sind. Mit dabei vor allem die üblichen Religiösen, Schuhkönig Deichmann, Friedhelm Loh (Loh Group 2,6 Mrd. Umsatz) und die leitenden Personen der verschiedenen evangelikalen Freikirchen und Werke.

Bei den Kuratoren aus den Reihen der sich immer sehr liberal und fortschrittlich geben evangelischen Amtskirche muss die Frage erlaubt sein, lassen sie sich aus Unkenntnis über den Charakter des Christival von den Evangelikalen einspannen, oder, was wohl eher anzunehmen ist, sie wissen um den Charakter dieses Events und wollen sich für ihren Amtskirchenkonzern ein Stück vom Kuchen abschneiden. Letzteres setzt aber ein hohes Maß inhaltlich gleicher Auffassungen voraus. Wenn sich die EKD Spitze zu Gallionsfiguren und Aushängeschildern der Bewegung der „Schwulenheiler“, „Abtreibungsverbieter“, und Frauendegradierer machen lässt, scheint es mit der Glaubwürdigkeit der eigenen liberalen Positionen nicht soweit her zu sein. Schließlich lesen sie aus der gleichen Bibel, teilen die gleichen religiösen Grundauffassungen und sind vielfach organisatorisch verbunden, da ein großer Teil der Evangelikalen innerhalb der evangelischen Amtskirche und dem Diakonischen Werk organisiert ist.

Das Christival ist eins der zentralen gemeinsamen Projekt der Evangelikalen innerhalb der Evangelischen Kirche und den Freikirchen.