Mit den von der katholischen Bischofskonferenz vorgelegten Zahlen ist klar. Nur noch 49,7 Prozent der Menschen in Deutschland sind Kirchenmitglied.
Im Jahre 2018 legten die beiden Amtskirchen eine von der Uni Freiburg erarbeitete Studie vor, die sich mit dem Rückgang der Mitgliederzahlen der Kirche befasste. Das Fazit war eine Halbierung der Mitgliederzahlen vom Ausgangsjahr 2017 mit 44,8 Millionen auf 22,7 Millionen im Jahre 2060. Dabei wurde ein weitgehend lineares Abschmelzen von ca. 560 tausend Mitgliedern pro Jahr angesetzt. Auf Grund der zurück liegenden Jahre, etwa ab 2000, sicherlich keine völlig unrealistische Annahme.
Auf der Basis dieser Zahlen haben die beiden Amtskirchen begonnen Einsparziele zu formulieren. Die evangelischen Landeskirchen sollen bis 2030 ca. 30 Prozent ihrer Strukturen abbauen. Diese Einsparungen betreffen sowohl den Gebäudebestand als auch vor allem den Personalbestand.
Allerdings entpuppen sich diese Vorgaben als unrealistisch. Zum einen ist nicht ausreichend berücksichtigt, dass vor allem die Babyboomer Jahrgänge (Geburt von1951 bis 1964) , die einen wesentlich höheren Kirchenmitgliederanteil stellen als die nachfolgenden Generationen, im Jahre 2030 in Rente sind und damit über geringeres zu versteuerndes Einkommen verfügen und damit die Kirchensteuereinnahmen über die Austrittszahlen hinaus absinken. Zudem sinken die Mitgliederzahlen deutlich schneller als in der Studie vorhergesagt.
Vom Ausgangsjahr 2017 mit 44,8 Millionen war für Ende 2021 ein Mitgliederbestand von 42,54 Millionen vorhergesagt worden.
Nach den aktuell veröffentlichten Zahlen sind es nur noch 41,370 Millionen Menschen in den Mitgliederlisten der beiden Amtskirchen.
Die Mitgliederverluste nach vier Jahren, bis Ende 2021, waren mit 2,26 Millionen prognostiziert. Tatsächlich betrug der Verlust jedoch 3,43 Millionen.
Insgesamt verloren die beiden Amtskirchen im Jahre 2021 mehr als 1 Million Mitglieder. Ein neuer Rekord in absoluten Zahlen. Die Zahl der Austritte liegt bei ca. 640 000 im Jahre 2021.
Die evangelische Kirche verfügt noch über 19,75 Millionen Mitglieder (23,7 Prozent der Bevölkerung) und die katholische Kirche über 21,645 Millionen (26 Prozent). Damit ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung bereits 2021 unter die 50 Prozent Marke gefallen.
Mehr al 90 Prozent Karteileichen
Diese Zahlen täuschen jedoch über die tatsächliche Zahl religiös gebundener Menschen. In der katholischen Kirche gelten 90 Prozent der Mitglieder als Karteileichen. In der evangelischen Kirche ist dieser Anteil bei deutlich über 90 Prozent. Die religiös gebundene Menschen machen mit 3 bis 3,5 Millionen Menschen gerade einmal 4 bis 5 Prozent der Bevölkerung aus.
Die Statistiker der Uni Freiburg hatten in ihren Berechnungen bestimmte Ereignisse wie den Missbrauchsskandal und vor allem deren Vertuschungsversuche in der katholischen Kirche nicht vorhersehen können. Seit Januar 2022 hat sich die Austrittswelle, vor allem in einigen katholisch geprägten Regionen noch einmal enorm beschleunigt.
Ein weiterer Beschleunigungsfaktor sind die Einsparungen selbst. In beiden Kirchen werden Gemeinden zusammengelegt bzw. fusioniert. Dadurch entstehen „kirchenfreie“ Zonen, in denen die Kirchen weniger Angebote für Gesprächsgruppen, Konfirmationen, Firmungen, Taufen usw. vorhalten können. Zusätzlich ist die katholische Kirche noch vom Priestermangel betroffen, da weder Frauen noch Verheiratete dieses Amt bekleiden dürfen. Dieser Rückzug aus der Fläche wird die sehr religiösen Menschen nicht davon abhalten weite Wege zu gehen, wohl aber die Kulturchristen, die aus Gewohnheit und weil das alle so machen, ihre Kinder taufen lassen bzw. zum Konfirmationsunterricht schicken. Da diese Kulturchristen und Gewohnheitsmitglieder aber 80 bis 90 Prozent der Mitgliedschaft stellen, wird der Erosionsprozess in diesem Mitgliedersegment enorm beschleunigt werden.
Hierfür steht beispielhaft die Beschlusslage der evangelischen Kirche Berlin Brandenburg, alle Gemeinden unter 300 Mitgliedern zwangsweise zu fusionieren oder des katholischen Bistums Aachen, die Zahl der Gemeinden drastisch zu reduzieren. Vergleichbare Entwicklungen im Bistum Speyer haben dort zu erheblichen Austritten geführt.
Die Kirchen suchen den Ausweg und ihr Heil im Ausbau der vom Staat bezahlten „christlichen“ Infrastruktur, vor allem den Kindergärten und den christlichen Privatschulen. Insbesondere in den Kindergärten lässt sich eine Tendenz feststellen, die noch Ungetauften und auf einen Kitaplatz angewiesenen Kinder, nebst Eltern, für die Taufe zu gewinnen. Dies geschieht mittels der Intensivierung der missionarischen Einheiten im Tagesablauf der Kitagruppen und den als Event geplanten Tauffesten. Zudem werden sie versuchen, mit den ihnen verbundenen politischen Kreisen den Religionsunterricht in den Schulen stärker zu beeinflussen.
Als Trittbrettfahrer dieser staatlich geförderten Missionierung sind auch die Evangelikalen und Islamisten auf dem Weg, ihre mit Steuergeldern geförderten Angebote auszubauen.
Hier gilt es gegenzusteuern. Religionsunterricht an staatlichen Schulen und die Förderung religiöser Kindergärten und Schulen sollten stärker ins Zentrum der säkularen Aktivitäten rücken.
Die aktuellen Zahlen belegen; die Amtskirchen sind auf dem Rückzug, Über 90 Prozent der Mitglieder sind „Karteileichen“, die Zahl der Aktiven und der nur Eingeschriebenen gehen stark zurück, ihre Strukturen brechen ein und ihr, auf eigenen Aktivitäten und Ausstrahlung basierender Einfluss sinkt rapide. Sie sind verstärkt auf mediale Unterstützung der Öffentlich Rechtlichen Rundfunkanstalten und der großen, die öffentliche Meinung stark bestimmenden Mediengruppen (Springer, Bertelsmann, Burda, Holtzbrinck, Bauer etc.) angewiesen, um gesellschaftlich wahr und ernst genommen zu werden. Auch die Staatsführungen tun das ihrige, um ihren „Staatskirchen“ unter die Arme zu greifen, wie die Besuche von Steinmeier und Scholz auf dem Katholikentag in diesem Jahr beweisen. Auch zahlreiche Medien, bis zu regionalen Provinzblättern liefern berichte für das „Großschreiben“ der Kirchen.