Fusion, so heißt das neue Zauberwort in der Bremischen Evangelischen Kirche. Mit der Beseitigung von „Fusionshemmnissen“ in der Finanzausstattung der Gemeinden will die BEK die Krise meistern. In verschiedenen Stadtregionen finden zur Zeit intensive Fusionsverhandlungen zwischen Gemeinden statt. Im letzten Jahr wurden bereits 4 Gemeinden in Blumenthal zusammengeschrumpft, Jetzt sind in vielen Regionen weitere Fusionen geplant; in Vegesack aus vier macht eine, in Huchting aus drei macht eine, usw.. Damit wird vor allem Personal gespart, dem mit 80 Prozent größten Ausgabenposten.
Die Krise der BEK wurde auf dem letzten Kirchentag am 23 November vom Schriftführer auf den Punkt gebracht: Die BEK hat im Jahre 2022 mit mehr als 2 Prozent der Mitgliedschaft eine der höchsten Austrittsraten innerhalb der EKD.
Von den ca. 6000 Geburten in der Stadt Bremen im Jahre 2021 wurden weniger als 700 Kinder evangelisch getauft und es gab gerade noch 212 Eintritte, in vielen Fällen Übertritte aus der katholischen Kirche. Dem standen 2163 Austritte und 3368 Todesfälle gegenüber. Einschließlich der Fortzüge aus Bremen verliert die BEK so jährlich etwa 6000 Mitglieder. Der prozentuale Abgang nimmt fast in jedem Jahr zu.
Damit verbunden kommt es zur Krise der Finanzen. In den letzten 12 Jahren hat die BEK etwa 47 Millionen Euro aus ihrer Schatztruhe (Aktien und Finanzanlagen) verbrannt. Von 109 Millionen sind noch 62 übrig Die Bruttokirchensteuereinnahmen liegen seit Jahren bei knapp über 60 Millionen Euro, unter Berücksichtigung steigender Lohnkosten und der allgemeinen Inflation schon jetzt ein realer Verlust.
Das dicke Ende kommt noch, denn in den nächsten 10 Jahren gehen die Babyboomer Jahrgänge in Rente und damit sinkt deren Kirchsteueraufkommen drastisch. In den Geburtsjahrgängen 1955 bis 1965 wurden fast alle Kinder evangelischer Eltern getauft und konfirmiert. Die Taufquote lag 1960 bei ca. 80 Prozent aller Kinder, heute nicht einmal mehr bei 15 Prozent.
Angesichts der heute breit vermittelter naturwissenschaftlicher Erkenntnisse sind „Fake Oldies“ wie die Schöpfungsgeschichte, Jungfrauengeburt oder sprechende Büsche eher Märchengeschichten Es schrumpft auch die Zahl der Aktiven innerhalb der Kirche erheblich. Gerade einmal 2 bis 3 Prozent der Kirchenmitglieder, von insgesamt 167 500 in der BEK, gehen zu Gottesdiensten oder religiösen Treffen. Bei über 800 hauptamtlichen Kirchenangestellten in den Gemeinden und zentralen Einrichtungen eine extrem geringe Mobilisierungsquote.
Die zunehmende Veräußerung von ungenutzten Kirchenimmobilien wird die Makler erfreuen. Ebenso dürften danach beim Finanzsenator die Kassen klingeln. Während die Kirchen keine Grundsteuer für ihre Grundstücke zahlen muss nach der Privatisierung Steuern von Privatpersonen ans Finanzamt abgeführt werden.
Die relativen Gewinner dieser Misere der Amtskirche sind die Evangelikalen. Deren acht Gemeinden von jetzt noch insgesamt 58 wollen nicht fusioniert werden. Ihre Kirchen sind deutlich voller, ihr Spendenaufkommen ist höher und ihre Mitgliederzahlen sind stabiler. Damit steigt durch die Grundmandate und deren höherer Aktivistenanteil ihr relatives Gewicht in den nächsten Kirchenparlamenten.